Messmethoden des Belichtungsmessers

Bei den meisten Kameras lässt sich das Messverhalten des eingebauten Belichtungsmessers zwischen verschiedenen Methoden umstellen. Hierbei wird beeinflusst, welcher Teil des Bildes wie viel Einfluss auf die Belichtungsmessung hat, z. B. dass die Bildmitte als wichtiger angenommen werden soll als der Randbereich des Bildes.

Mittenbetonte Integralmessung

Dieses Messverfahren kommt bereits aus den 70er Jahren und berücksichtigt das gesamte Motiv bei der Ermittlung des Belichtungswertes, allerdings wie der Name schon suggeriert, die Bildmitte wichtiger als den Bildrand. Bei einigen Kameras wird sogar der obere Bildrand weniger stark berücksichtigt, als der untere, da oben meist eher der "unwichtige" Himmel als ein Teil des Motives zu finden ist. Die Gewichtung erfolgt hierbei vereinfacht gesagt nach der Idee "je näher zur Bildmitte, desto wichtiger". Die weniger mittigen Teile des Bildes werden also auch berücksichtigt, nur eben nicht so stark in die Beurteilung des Motives mit einbezogen. Manche Kameras gehen noch einen Schritt weiter und verknüpfen die "Bildmitte" mit dem gewählten Autofokus-Messfeld, so dass die Gewichtung auch nicht mittig gesetzt sein kann. Dieses Messverfahren funktioniert somit recht simpel und benötigt oft eine manuelle Korrektur durch den Fotografen (siehe Belichtungskorrektur). Allerdings macht gerade diese Einfachheit das Verfahren für den erfahrenen Fotografen nachvollziehbar und somit auch gut kontrollierbar. Auch dieses Messverfahren geht davon aus, dass ein durchschnittlich helles Motiv angemessen wird. Bei besonders hellen oder sehr dunklen Motiven muss also per Belichtungskorrekturwert in die gewünschte Richtung nachgeholfen werden.

Anwendungsempfehlung der mittenbetonten Integralmessung

Viele Fotografen sind mit Kameras, die nur diese Messmethode hatten aufgewachsen und arbeiten gerne mit dem vertrauten Verhalten weiter. Obwohl diese Messfehrfahren eigentlich dafür bekannt ist, speziell bei schwierigeren Lichtsituationen wie Gegenlicht zu versagen, habe ich auch schon einige Male Lichtstimmungen vorgefunden, in denen die mittenbetonte Integralmessung mit einem eingestellten Korrekturwert verlässlichere Ergebnisse von Bild zu Bild lieferte als die mitdenkende Mehrfeld- / Matrixmessung.

Spotmessung

Hier wird nur ein sehr kleiner Bereich der Bildmitte für die Belichtung ausgewertet (z. B. 6%). Eine kleine Veränderung des Bildausschnittes kann also große Wirkung haben. Bei diesem Messverfahren ist es besonders wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass der Belichtungsmesser die Aufgabe hat, das angemessene Motiv so zu belichten, dass es danach exakt 50% Helligkeit im Foto bekommt. Hier liegt auch die häufige Fehlannahme begründet, dass mit dieser sehr genauen Messmethode besonders gut der bildwichtigste Teil gemessen werden kann, z. B. das Gesicht einer Person im Gegenlicht. Zwar konzentriert sich der Belichtungsmesser im genannten Beispiel tatsächlich auf das Gesicht und vernachlässigt den viel zu hellen Hintergrund, jedoch hat das Gesicht vermutlich gar nicht die Helligkeit von 50% und wird somit falsch gemessen und zu dunkel auf dem Foto wiedergegeben. Dieses Messverfahren eignet sich jedoch sehr gut, wenn das gemessene Motiv diesen Helligkeitswert aufweist - die Kodak-Graukarte wurde zu diesem Zweck entwickelt - oder ein entsprechender Korrekturwert eingeriegelt wurde.

Anwendungsempfehlung der Spotmessung

Die Spotmessung kann benutzt werden, um verschiedene Stellen des Motives nacheinander anzumessen und somit den Kontrastumfang des Motives zu ermitteln. Dies macht in der digitalen Fotografie jedoch eigentlich nur Sinn, wenn man als Fotograf Einfluss auf den Motivkontrast nehmen kann, also die Beleuchtung des Motivs unter Kontrolle hat. Im Zeitalter der Kontrolle mittels Histogramm ist dieses Verfahren allerdings (zu Recht?) außer Mode gekommen. Dies gilt genau so für das Arbeiten mit der Graukarte, die anstelle des Motives gemessen wird. Allerdings gibt es Situationen, in denen die Belichtung nicht "gut", sondern korrekt sein muß - hier ist es dann egal, ob ggf. das Histogramm nicht komplett ausgereizt wird, oder sogar (kleine) helle Stellen überbelichtet werden. Wenn die Graukarte an Position des Hauptmotives in der jeweiligen Beleuchtungssituation per Spotmessung angemessen wird, ergeben sich Belichtungswerte, die unabhängig von der Helligkeit des Motives, sondern nur abhängig von der Helligkeit der Beleuchtung sind. Dunkle Motive werden also automatisch dunkel, helle Motive hell wiedergegeben - ein Nachhelfen mittels der Belichtungskorrektur ist somit nicht notwendig. Dieses Verfahren bietet sich vor allem an, wenn mehrere Motive in der gleichen Lichtsituation nacheinander fotografiert werden sollen.

Matrix-, Zonen- oder Mehrfeldmessung

Verschiedene Hersteller haben hier eigene Verfahren mit jeweils eigenen Bezeichnungen für die gleiche Grundidee. Nikon z. B. nennt es Matrixmessung, andere Hersteller teilen das Bild in sog. Zonen oder eben mehrere Messfelder. Gemein ist hier das Prinzip, das Motiv nicht einfach im Durchschnitt zu beurteilen, sondern das Motiv zu erkennen und sich auf die "wichtigen" Teile zu konzentrieren. Welche Teile wichtig sind, bestimmt hier allerdings die Kamera, nicht der Fotograf.

Hier werden andere Techniken der Kamera zur Hilfe genommen. So liefert z. B. der Autofokus Informationen über die Entfernung zum Motiv, eine Gesichtserkennung kann die Gewichtung automatisch auf Personen lenken und eine Bilderkennungssoftware in der Kamera versucht, das Motiv mit bekannten Daten zu vergleichen, um bei einer Portraitaufnahme im Park den dunklen Busch hinter den Personen als eben einen solchen zu erkennen und sich bei der Belichtung lieber auf die Personen zu konzentrieren. Die verwendete Technik ist hierbei ziemlich komplex und eigentlich nicht mehr wirklich nachvollziehbar - die Ergebnisse sprechen jedoch für sich. Auch kompliziertere Motive werden meist gut erkannt und entsprechend belichtet, nur die Klassiker unter den Fehlbelichtungen (reines Gegenlicht oder komplett helle oder komplett dunkle Motive) bedarfen weiterhin einer Belichtungskorrektur seitens des Fotografen. Verglichen mit älteren Meßmethoden jedoch weitaus seltener.

Anwendungsempfehlung der Matrixmessung

Um es kurz zu machen: eigentlich immer. Meist geht es auch im Falle einer Fehlmessung schneller, eine passende Belichtungskorrektur einzustellen, als den Belichtungsmesser auf ein anderes Verfahren umzustellen. Die Spotmessung kann ihre Berechtigung haben, ich selber belichte jedoch lieber nach Histogrammanzeige. In seltenen Fällen habe ich es erlebt, dass die hochkomplexe Mehrfeldmessung jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen komplett daneben lag und die gute alte mittenbetonte Messung verlässlichere Ergebnisse lieferte. Hier ist der einzige Nachteil: wenn die Motiverkennung falsch rät, dann kommen auch falsche Werte zurück, was vor Ort nicht unbedingt nachvollziehbar ist.