Speziell in hellem Sonnenlicht ist die Belichtung einer Aufnahme auf dem Display einer Digitalkamera eigentlich kaum visuell zu beurteilen. Aber selbst auf einem Computermonitor kann die empfundene Helligkeit des Bildes täuschen. Wenn man z. B. in den dunklen Abend hinein arbeitet und das Umgebungslicht immer weniger wird, wird das Monitorbild und somit das Fotos oft heller empfunden, als es tatsächlich ist. 

Digitale Kameras und Bildbearbeitungsprogramme bieten hier zum Glück ein genaueres Kontrollwerkzeug, um die Belichtung eines Bildes zu überprüfen: das Histogramm.

Darstellung der Bildhelligkeiten als Diagramm

Ein Histogramm zeigt die im Bild vorkommenden Helligkeiten zwischen schwarz und weiß in einer Art Balkendiagramm an. Hierzu ermittelt der Computer/die Kamera jeweils die Anzahl aller Pixel jeder Helligkeit und stellt diese schematisch dar. Meist komplett unbeschriftet, da die wirkliche Anzahl ohne Belang ist. Viel wichtiger ist für den Fotografen die Erkenntnis, ob bestimmte Helligkeiten gar nicht, oder vielleicht viel zu oft vorkommen.

Beispielfoto "Fischer in Biarritz"
Beispielfoto "Fischer in Biarritz"

Ein Histogramm stellt üblicherweise die Helligkeiten wie folgt dar: Auf der horizontalen Achse werden alle Töne zwischen Schwarz (0) und Weiß (Maximum) eingetragen, die Höhe des jeweiligen "Balkens" gibt an, wie oft dieser Ton im Bild vorkommt. Ist für bestimmte Helligkeiten kein Balken zu sehen, kommt diese im Foto auch nicht vor.

Da ein Digitalfoto für gewöhnlich mehrere hunderte (bei RAW sogar zigtausende) Helligkeitsabstufungen unterscheiden kann, verschmelzen die einzelnen Balken meist zu einer eher gebirgeartigen Struktur.

Beispielhistogramm
Histogramm des "Fischer"-Beispielbilders

In der Beispielaufnahme kommen vermehrt sehr helle Töne vor - dies wird großteilig der recht helle Himmel sein, der eine Menge Fläche des Bildes ausmacht. Eine wichtige Erkenntnis aus diesem Histogramm ist die, dass das Histogramm zum rechten Rand (weiß) abflacht und sich kein hoher Balken direkt am rechten Rand auftürmt. Dies bedeutet, dass keine Pixel im Bild wirklich reinweiß sind, also das Bild keine überbelichtete Stellen enthält. Die dunkelsten Stellen des Bildes (Auftürmung am linken Rand) sind jedoch rein schwarz ohne Struktur, also technisch gesehen unterbelichtet. Dies ist bei einer Schwarz/Weiß-Aufnahme mit sehr dunklen Schatten (die Felsenhöhle am rechten Rand) jedoch noch zu verzeihen.

Wissenswertes zur Beurteilung eines Bildes

Die folgenden Regeln beziehen sich auf den Großteil der üblichen Fotos - natürlich gibt es auch hier Aufnahmen, die bewußt gegen diese Regeln verstoßen, teils um einen bestimmten Effekt zu erzielen, teils aber auch, weil die Aufnahmesituation halt eine Ausnahme ist.

  • Jedes Foto sollte (wenn auch sehr geringe Mengen) schwarz und weiß enthalten. Selbst das Beispiel “Schneehase im Schnee” enthält dunkle Knopfaugen, der dunkle Schmuck auf schwarzem Samt enthält helle Spitzlichter. Wenn ein Foto als dunkelsten Ton nur Dunkelgrau aufweist und/oder als hellsten Ton nur hellgrau, wirkt es flau oder falsch belichtet. Eine Ausnahme bilden z. B. Landschaftsaufnahmen im Nebel, die keinen hohen Kontrast aufweisen - hier ist die flaue Wirkung Kern des Motives.
  • Die Helligkeiten im Bild müssen nicht gleichmäßig verteilt sein. So enthält eine Nachtaufnahme verständlicherweise meist mehr dunkle als helle Töne. Allerdings sind die hellen Töne als Gegensatz wichtig, sonst könnte die Aufnahme auch eine unterbelichtete Tagesaufnahme sein.
  • Kein Foto sollte große weiße Flächen ohne Struktur enthalten. Ob Schnee oder heller Himmel - es sollte noch eine Schattierung oder Struktur erkennbar sein.
  • Wenn ein Foto große Teile reines Weiß aufweist, ist es vermutlich überbelichtet. Der Sensor der Kamera konnte keine helleren Werte als Weiß mehr differenzieren. Wenn ein Foto große Bereiche reines Schwarz aufweist, ist es vermutlich unterbelichtet. Ausnahmen sind hier z. B. Studioaufnahmen, wo ein reiner Hintergrund gewünscht ist und entsprechend beleuchtet wird.
  • Histogramme von normalen Fotos enthalten normalerweise keine Lücken. Wenn doch Lücken im Histogramm vorkommen, fehlen die Zwischentöne und die Aufnahme wurde vermutlich künstlich erstellt oder stark bearbeitet.

Ablesen des Histogramms

Sowohl an Digitalkameras als auch in der Bildbearbeitungssoftware haben sich die Hersteller darauf geeinigt, dass im Histogramm links die dunklen, rechts die hellen Töne dargestellt werden. Allerdings sind die Rahmen um die Histogramme herum oft in der gleichen Farbe dargestellt und somit ist es nicht ganz einfach, dünne Balken direkt am Rand zu erkennen. Hier muß ggf. sehr genau hingeschaut werden.

Im folgenden Beispielhistogramm türmen sich die Werte am rechten Rand (bei Weiß) auf. Hier liegt vermutlich eine Überbelichtung zu Grunde. Die rote Hervorherbung dient hier nur der Verdeutlichung - Kameras zeigen sie leider nicht.

Histogramm eines unterbelichteten Fotos
Histogramm eines unterbelichteten Fotos
Histogramm eines sehr kontrastarmen/flauen Fotos
Histogramm eines sehr kontrastarmen/flauen Fotos

Histogramme bei Farbbildern

Digitale Farbbilder bestehen (zumindest initial) aus drei einzelnen Farbschichten, die zusammen alle sichtbaren Mischfarben und Helligkeiten des Bildes ergeben (Siehe Artikel: RGB-Farbmodell). Diese drei sog. Farbkanäle verhalten sich jeweils wie ein Schwarz-/Weißbild, haben also jeweils ihre eigenen Tonwerte und somit auch ein eigenes Histogramm.

Bei Farbbildern gibt es also nicht ein Histogramm, sondern drei, die zu kontrollieren sind. Viele Kameras stellen dies zunächst vereinfacht dar (z. B. durch Mittelwertbildung oder einfach durch das Darstellen des Grün-Histogrammes). Bei nicht sehr bunten Motiven mag dies auch ausreichen, aber stellen wir uns folgende Beispielsituation vor.

Das Foto zeigt eine rote Rose von dunklen grünen Blättern. Die rote Rose leuchtet schön im einfallenden Licht, die grünen Blätter im Hintergrund liegen jedoch im Schatten. Hier kann es jetzt passieren, dass der Kontrast des Bildes zu groß für die Kamera ist und die rote Rose über- und die grünen Blätte unterbelichtet werden. Zeigt die Kamera nun den Mittelwert der drei Farbkanäle als ein Histogramm an, heben sich die Unter- und Überbelichtung der beiden Kanäle gegenseitig auf und das Histogramm suggeriert trügerische Sicherheit. Noch schlimmer ist es, wenn die Kamera (wie bei vielen Modellen üblich) nur das Histogramm des Grünkanals als Stellvertreter für die Hellligkeit darstellt. Da nur sehr dunkle Grüntöne im Motiv vorkommen zeigt das Histogramm eine Unterbelichtung an und der Fotograf kann versucht sein, diese per Belichtungskorrektur auszugleichen, was zu einer endgültigen Überbelichtung des eh schon zu hellen Rotkanals führen würde. Die roten Blütenblätter würden jegliche Struktur und Details einbüßen.

Histogrammdarstellung für Rot, Grün und Blau

Viele Digitalkameras bieten die Möglichkeit, die Histogramme auch nebeneinander einzelnd darzustellen (manchmal muß dies zunächst in den Kameraeinstellungen aktiviert werden). In der Bildbearbeitungssoftware hat sich eine platzsparendere Alternative durchgesetzt, die die drei Histogramme durchsichtig übereinander darstellt, jeweils in ihrer entsprechenden Farbe.

Praktische Anwendung

In der digitalen Fotografie lassen sich dunkle Bildstellen in der Bearbeitung meist erstaunlich gut aufhellen, sie sind zwar zunächst zu dunkel, enthalten aber dennoch reichlich Informationen. Damit dunkle Bildstellen wirklich komplett schwarz ohne irgendein Detail werden muß schon sehr kräftig unterbelichtet werden.

Helle Bildstellen dagegen kippen sehr schnell in die Überbelichtung, sie werden heller als der hellste von der Kamera meßbare Ton und enthalten schnell keinerlei Informationen mehr - sie lassen sich also auch nicht nachträglich abdunkeln.

Daraus ergibt sich die Regel: Im Zweifel lieber unterbelichten, die Überbelichtung auf jeden Fall vermeiden!

Sobald sich also im Histogramm eines Bildes rechts am Bildrand die Anzeige auftürmt, sollte die Belichtung überprüft werden und ggf. angepasst werden. Einige Kameras unterstützen dies durch eine spezielle Darstellung von überbelichteten Bildstellen (Spitzlichter blinkend anzeigen) - so kann leichter beurteilt werden, wo im Bild die zu hellen Stellen sind.

Im englischen Sprachgebrauch wird von ETTR (exposure to the right) gesprochen, damit ist gemeint, es soll so belichtet werden, dass das Histogramm bis rechts ausgenutzt wird, die hellste Bildstelle also möglichst nahe an Weiß herankommt, es sich aber keinenfalls rechts auftürmt. Der gewünschte Helligkeitseindruck des fertigen Bildes kann dann nachträglich in der Bildbearbeitung immernoch nach Geschmack eingeregelt werden - dadurch, dass die Kamera aber ihr Spektrum an unterscheidbaren Helligkeiten so voll ausschöpft, erreicht das Bild auch die höchst mögliche Qualität.

Weiterführende Artikel:

Histogramme an Motivbeispielen: Histogramme Teil 2 - Beispiele »

Einfluß nehmen und die Belichtung anpassen via Belichtungskorrektur »