Die meisten Digitalkameras stehen ab Werk auf der Einstellung "automatischer Weißabgleich", in denen die Kamera selbständig versuchen soll, Farbstiche zu vermeiden. Dazu benötigt sie allerdings eine Referenzfläche im Motiv, von der sie annimmt, dass diese farbneutral sein soll, z. B. eine weiße Wand hinter der fotografierten Person.
Herrscht nun im Raum eine gelbliche Lichtstimmung durch die verwendeten Kunstlichtlampen vor, wird auch die weiße Wand gelblich beleuchtet und somit auf dem Foto zunächst gelb. Der automatische Weißabgleich kann diesen Farbstich jedoch erkennen und aus dem Bild entfernen, so dass die Wand weiß und die Person mit sinnvollen Hauttönen (kein Gelbfieber) abgebildet wird.
In der oben gezeigten Bildreihe "Wohnzimmer" führt der automatische Weißabgleich tatsächlich zum korrigierten Ergebnis, die weiße Wand und die weißen Textilien geben der Kamera einen guten Referenzton. In diesem Fall führen die Einstellungen "Automatisch" und "Kunstlicht" zum selben Ergebnis.
Dies funktioniert allerdings nur, wenn die Kamera im Motiv etwas findet, an dem sie sich automatisch orientieren kann. Eine große Menge sehr heller Bildpunkte hinter einer Person wird die Kamera als weiße Wand identifizieren und entsprechend die Farben korrigieren können. Ein weißes Blatt Papier, dass am Bildrand auf einem Schreibtisch liegt, wäre ebenfalls ein gutes Referenzobjekt. Generell sucht die Kamera nach der hellsten möglichst wenig bunten Fläche im Bild und versucht, sich daran zu orientieren.
Was aber passiert, wenn die Wand nicht weiß ist?
Nehmen wir mal an, die Wand im Hintergrund ist zwar hell, jedoch mittels Abtönfarbe nicht klinisch weiß gestrichen worden. Jetzt läuft die Annahme der Kamera in die falsche Richtung, was dazu führt, dass auch nicht mehr korrekt korrigiert wird. Die Kamera würde versuchen, die Wand weiß abzubilden und somit überkorrigieren, d. h. sie würde zu viel Gelb aus dem Bild entfernen und eine recht kühle Lichtfarbe abbilden. Die Wand wäre auf der Aufnahme dann zwar (fälschlicherweise) weiß, der Rest des Bildes jedoch in zu kühlen Farben.
Und wenn da überhaupt keine Wand ist?
Verlassen wir den Innenraum und versuchen uns an einer Aufnahme draußen im Grünen, genauer gesagt im Wald. Hier ist keine für die Kamera geeignete weiße Referenzfläche zu finden - das gesamte Motiv besteht nur aus verschiedenen Grün- und Brauntönen, vielleicht hier und da noch etwas blau vom Himmel.
Die Kamera wird nun wieder versuchen, sich an der Farbe des hellsten Objektes zu orientieren und diese in Richtung weiß zu korrigieren. Im Wald wird das hellste Objekt vermutlich eine Stelle brauner Waldboden sein, auf die die Sonnenstrahlen fallen. Der automatische Weißabgleich wird hier keine sinnvollen Werte liefern können. Die automatische Korrektur führt hier sogar dazu, den Waldboden möglichst grau abzubilden.